Windenergie

Windenergie

Mehr Windparks in Hand von Bürger*innen

Ausbau von Windenergie an Land – klimafreundlich und günstig

Laut einer aktuellen Analyse der Deutschen WindGuard  gingen 2021 deutschlandweit 484 neue Windenergieanlagen an Land in Betrieb. Der Bruttozubau 2021 liegt somit zwar 35 Prozent über dem Zubau des Vorjahres, verbleibt aber weiterhin auf viel zu niedrigem Niveau.

Damit Deutschland das 1,5 Grad Ziel noch erreicht und bis 2030 emissionsneutral wird, müsste nach Ansicht der Energy Watch Group sechs bis zehnmal so viel Windenergie-Leistung wie in 2021 jährlich ans Netz gehen. Was auch ökonomisch sinnvoll wäre, denn Windenergie ist eine der günstigsten Methoden der Stromerzeugung. Nach Berechnungen des UBA haben sich Windenergieanlagen bereits nach etwa 3 bis 7 Monaten energetisch amortisiert. Die Anlage hat dann so viel Energie produziert wie für Herstellung, Betrieb und Entsorgung aufgewendet werden muss.

Flächenverfügbarkeit und -bereitstellung

 

Ergebnisse einer UBA-Studie zeigen, dass aktuell bundesweit 0,8 % der Landesfläche planerisch für eine Nutzung durch die Windenergie festgelegt sind. Die verfügbare Fläche reduziert sich jedoch auf einen Anteil von 0,52 % der Landesfläche, wenn folgende Einschränkungen berücksichtigt werden:

  • Siedlungsabstände wie die 10-H-Regelung in Bayern
  • Höhenbeschränkungen andererorts
  • Verbot von Windenergie im Wald (vgl. Thüringer Waldgesetz)
  • Häufige Vorgabe, dass der Rotorradius innerhalb der Gebietsgrenze liegen muss

Weitere Einschränkungen, wie die Belange des Artenschutzes, des Militärs, der Luftfahrt und fehlender Flächenzugriff reduzieren die Verfügbarkeit zusätzlich. Dazu kommt, dass bislang nicht ausreichend Flächen für die Windenergie bereitgestellt werden, insbesondere wegen einer teilweise fehlenden oder durch Klagen blockierten Regionalplanung. Die Verfügbarkeit und Bereitstellung von genügend nutzbarer Flächen ist somit die zentrale Herausforderung für den weiteren Ausbau der Windenergie.

 

Bürger*innen-Akzeptanz

 

Die Energiewende wird in großen Teilen in den Kommunen umgesetzt. Partizipation und Einbindung sind der Schlüssel, um bei Bürger*innen und lokaler Wirtschaft die Akzeptanz für die Energiewende zu erhöhen. Lokale Akteure – ebenso wie Politik und Verwaltung – sollte man daher frühzeitig in die  Planungen einbinden und ihnen die Möglichkeit der finanziellen Teilhabe geben.

Die Bürgerenergie bietet hier Vorteile, da solche Projekte aus den Reihen der Bürgerschaft selbst entstehen. Durch die Einbindung und Teilhabe lokaler Akteure können Widerstände, Ängste und negative Einstellungen gegenüber Windenergie abgebaut werden.

Die Uni Kassel hat 2016 in einer Studie festgestellt, dass Bürger-Windparks gegenüber extern projektierten und betriebenen Windanlagen mehr als das Achtfache der regionalen Wertschöpfung erzielen können. Dies wiederum wirkt sich positiv auf die Region und die dort lebenden Menschen aus, denn Bürgerenergie-Projekte tragen dazu bei, dass Gewinne aus der Energieerzeugung in der Region bleiben, Arbeitsplätze geschaffen werden und die Kommunen zusätzliche Mittel erhalten, um die (öffentliche) Daseinsvorsorge zu verbessern.

Wenn in solchen Projekten außerdem ein Solidaritätstopf eingerichtet wird, können sogar Nachbargemeinden ohne eigene Windräder davon profitieren – und als Befürworter gewonnen werden.

 

Planungs- und Genehmigungsverfahren

 

Projektierer, Unternehmen, Investoren, Bürgerenergiegenossenschaften und Kommunen leiden schon lange unter vielfältigen, komplexen Regeln und Gesetzen, die beim Errichten von Windenergie-Anlagen zu beachten sind.  Ständige Novellen am EEG und anderen Rechtsvorschriften haben für eine unübersichtliche juristische Situation gesorgt. Darunter leidet insbesondere der Windenergieausbau, bei dem Raumplanungs- und Kommunalplanungsrecht ineinandergreifen müssen.

Die Projektentwicklung bis zur Inbetriebnahme von Windparks dauert im Schnitt fünf Jahre. So führen u.a. begrenzte Personalressourcen in Regionalplanungsstellen zu Verzögerungen in der Bearbeitung von Aufstellungs- und Fortschreibungsverfahren. Manche  Projekt durchlaufen jedoch deutlich längere Vorbereitungszeiträume. Ein Beispiel dafür ist der Bürgerwindpark im Reinhardswald in Nordhessen – 10 Jahre hat es gedauert, bis alle Verfahrensschritte zur Genehmigung durchlaufen waren.

 

Bürgerwindpark Reinhardswald – Endlich geschafft!

 

Im Febr. 2022 hat die Energiegenossenschaft Reinhardswald (EGR) die Genehmigung für den Bau und Betrieb von 18 Windkraftanlagen im Reinhardswald in Nordhessen erhalten. Allein das komplexe Genehmigungsverfahren hat von der Antragseinreichung bis zur Genehmigung ca. zweieinhalb Jahre gedauert. Die naturschutzfachlichen Untersuchungen von Vögeln und Fledermäusen wurden bereits sieben Jahre zuvor aufgenommen.

Bei den Planungen hat die EGR Naturschutzbelange von vorherein mitberücksichtigt. Um intakte Buchenbestände zu schonen, wurden vorrangig Fichtenflächen ausgewählt. Deren Baumbestand ist aufgrund von Dürre und Borkenkäfer so stark reduziert, dass weniger Rodungsarbeiten erforderlich sind als ursprünglich angenommen. Die Verkehrsflächen im geplanten Windpark werden überwiegend auf bereits vorhandenen Forstwegen angelegt.

Kommunen sind über die EGR an der Betreibergesellschaft Windpark Reinhardswald GmbH & Co. KG mit 51 Prozent beteiligt und haben dadurch unmittelbaren Einfluss auf die Umsetzung des Projekts. Die übrigen 49 Prozent der Anteile werden von lokalen Energieversorgern gehalten. Damit wird sichergestellt, dass der Windstrom über eigene Netze in Haushalte und Betriebe der Region transportiert wird. Vorgesehen ist auch eine Beteiligungsoption für interessierte Bürger*innen, z. B. durch einen Energie-Sparbrief mit attraktiver Verzinsung und fester Laufzeit.

Für die Windenergie-Anlagenstandorte hat die EGR einen direkten Pachtvertrag mit HessenForst abgeschlossen. Ende 2023 wird der Windpark in Betrieb gehen und rund 310 GWh regenerativen Strom pro Jahr erzeugen. Damit lassen sich bei einem durchschnittlichen Verbrauch von jährlich 3 MWh ca. einhunderttausend Haushalte in der Region versorgen.

 

Was den schnellen Ausbau von Windenergie unterstützt

 

Gesetzgeber

  • Ausreichend Flächen, die für die Windenergie an Land nutzbar sind, durch die Regionalplanung und die kommunale ⁠Bauleitplanung⁠ in den Ländern ausweisen. 
  • Zulassungsverfahren insgesamt neu denken und das mehrstufige Verfahren auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene auf einer Ebene bündeln. Darüber hinaus sollte der Klimaschutz in der Abwägung mit anderen Belangen mehr Gewicht erhalten.
  • Da kleine und mittlere Projekte aktuell durch die Ausschreibungsregeln häufig ausgeschlossen werden, sollten die De-minimis-Regeln der EU angewandt werden, nach denen Bürgerenergiegesellschaften bei Wind-Projekten an Land bis 18 MW und bei Solar-Freiflächen-Projekten bis 6 MW von Ausschreibungen auszunehmen sind.
     

Kommunen

  • Eine Kommune sollte in ihrem Flächennutzungsplan die Nutzung von Windenergie berücksichtigen. Stellt sie Eignungsflächen im Flächennutzungsplan in ausreichendem Umfang dar, auf denen künftig Windenergieanlagen errichtet werden können (Konzentrationszonen Windenergie), ergibt sich für das übrige Gemeindegebiet eine Ausschlusswirkung für die Errichtung solcher Anlagen. Dadurch lassen sich auch Wildwuchs von Windanlagen und negative Auswirkungen auf das Landschaftsbild inkl. Unzufriedenheit bei Anwohner*innen veringern.
  • Nicht jede Gemeinde verfügt über Standorte auf denen die Windenergie wirtschaftlich genutzt werden kann (vgl. Windhöffigkeit). Auch enden die Auswirkungen einer Windkraftanlage auf das Landschaftsbild unter Umständen nicht an der Gemeindegrenze. Im Einzelfall kann ein Flächennutzungsplan auch in interkommunaler Kooperation aufgestellt werden, und zwar durch einen gemeinsamen Teilflächennutzungsplan, was der Nutzung der Windenergie substanziell mehr Raum verschaffen kann, da ihm auch dann entsprochen wird, wenn sich die Darstellung von Windenergie-Konzentrationszonen auf einzelne Gemeinden einer Planungsgemeinschaft konzentrieren.
  • Um die Akzeptanz bei Bürger*innen zu verbessern, sollten Kommunen Bürgerenergieprojekte unterstützten, z. B. durch  finanzielle Beteiligung an Bürger-Windparks, Verpachtung geeigneter Flächen an Bürgerenergie-Projekte oder durch Gewährung von Vorteilen für ansässige Stromkunden über die Stadtwerke. Damit erhöhen sie gleichzeitig die regionale Wertschöpfung und generieren zusätzliche Einnahmen für die öffentliche Daseinsfürsorge.
     

Behörden

  • Entwicklung eines Expertenpools, dessen Mitglieder im jeweiligen Bundesland mit den Vorschriften und Vorgaben vertraut sind und kurzfristig gegenüber Behörden Auskünfte erteilen können
  • Erteilung von Vollgenehmigungen mit Genehmigungsauflagen statt Teilgenehmigung. Die Behörden sollten zudem auf nicht benötigte Unterlagen verzichten und mit der inhaltlichen Prüfung eines Antrags bereits vor der förmlichen Feststellung der Vollständigkeit beginnen.
     

Projektierer

  • Die Begleitung der Genehmigungseinreichung sollte Standard werden, d. h. die Behörden und andere Interessengruppen frühzeitig in die Projektkoordination eingebunden werden.
  • Die Projektierer können die Behörden entlasten, indem sie z. B. die Kosten für Projektmanager und externe Sachverständige übernehmen, die im Auftrag der Genehmigungsbehörde tätig werden.