Regionale Kooperation

Regionale Kooperation

Durch regionale Vernetzung die Energiewende voranbringen

Kommunen als Vermittler und Beschleuniger der Energiewende

Kommunen spielen eine zentrale Rolle bei der Umsetzung eines regionalen, bürgernahen und regenerativen Energiesystems. Sie kennen die Möglichkeiten und Herausforderungen vor Ort am besten. Durch Kommunikation und Vernetzung können sie Bürger*innen, Unternehmen, Stadtwerke und weitere Akteure einbinden und Akzeptanz für den Ausbau erneuerbarer Energien schaffen. Kommunen haben darüber hinaus Einfluss auf die Bereitstellung von Flächen, z. B. für Windenergie:

  • Sie können über die Flächennutzungsplanung die lokale Ansiedlung der Anlagen steuern.
  • Sie bestimmen durch die Bauleitplanung maßgeblich die Standorte von Windenergieanlagen.
  • Über ihre Vertretung in der Regionalplanung bestimmen sie über die Ausweisung von Vorranggebieten mit.

Interkommunale Kooperation, aber auch Vernetzung innerhalb der einzelnen Kommunen schafft die Voraussetzungen, um Potenziale für den Ausbau der Erneuerbaren Energien und den Klimaschutz, die an bestimmten Orten vorhanden sind, für eine Region insgesamt nutzbar zu machen.

Klimaschutzpotenziale in Kommunen durch Erneuerbare Energien

 

Die UBA-Studie Klimaschutzpotenziale in Kommunen untersucht, welchen Beitrag Kommunen durch ihre Aktivitäten leisten können, um die Klimaschutzziele des Bundes zu erreichen.  Als Einflussbereiche zur Reduktion von THG-Emissionen wird unterschieden nach 1. Verbrauchen & Vorbild(-funktion), 2. Versorgen & Anbieten, 3. Regulieren, 4. Beraten & Motivieren.

Das gesamte THG-Minderungspotenzial bezogen auf das Jahr 2019 belief sich nach der Studie auf 101 Mio. t CO2-Äquivalente. Davon entfielen auf den Bereich der Erneuerbaren Energien folgende Potenziale:

  • Im Einflussbereich 2 (Versorgen) liegt das abgeschätzte Einflusspotenzial durch Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Fernwärme (Wärmeplanung) bei 16,3 Mio. t, die Installaton von PV auf Kommunalen Liegenschaften bei 2,5 Mio. t.
  • Im Einflussbereich 3 (Regulieren) liegt das größte Potenzial in der Festlegung von Windkraftgebieten in der Flächennutzungsplanung (28,6 Mio. t) und in der Umsetzung eines Anschluss- und Benutzungszwangs an dekarbonisierte Fernwärme (Wärmeplanung) bei 13,1 Mio. t.

D. h. 60 Prozent des THG-Einsparpotenzials lässt sich durch die Flächenbereitstellung für Erneuerbare Energien und die Dekarbonisierung der Wärme bzw. eine kommunale Wärmeplanung erzielen!

 

Potenziale erschließen durch Kooperationen und Synergien

 

Die Flächenbereitstellung betrifft in erster Linie die regionalen Planungsverbände. Üblicherweise werden die Vorschläge der regionalen Planungsverbände in Regionalversammlungen vorgestellt und diskutiert. Neben Kommunen und Bürgern entscheiden Landkreisvertreter dort mit über die Regionalplanung bzw. die Vorranggebiete für Windenergie und haben somit einen Einfluss auf die Flächenplanung.

Für die Kommunale Wärmeplanung ist neben der Flächnutzungsplanung bzw. Bauleitplanung in Städten die Regionalplanung relevant, insbesondere wenn sie in einem „Konvoi“ von Gemeindeverwaltungsverbänden durchgeführt wird. Wenn die Planung abgeschlossen ist, sind die Stadtwerke für die Umsetzung wichtig.

Um die zwei großen Hebel – die Flächenbereitstellung für Erneuerbare und die Dekarbonisierung der Wärme – zu  nutzen, bedarf es:

  • Lokaler Kooperation, z. B. zwischen Akteur*innen aus Stadtplanung, Klimaschutz, Umwelt, Energie, Stadtwerken, Tiefbau und Verkehr
  • Interkommunaler Kooperation bei der Planung gemeinsamer Versorgungsgebiet zwischen Verwaltungen, Planungsbetroffenen und Umsetzern, wie Energieversorgern und Netzbetreiber.


Quellen:

 

VG Wörrstadt – Deckung des Strombedarfs aus 100% Erneuerbaren seit 2012

 

Ein erfolgreiches Beispiel für interkommunale Kooperation bei der Flächenbereitstellung zum Ausbau Erneuerbarer Energien ist die Verbandgemeide (VG) Wörrstadt in Rheinland-Pfalz. Der Verbandsgemeinderat hatte 2007 einstimmig beschlossen, eine Modellkommune für regenerative Energien zu werden und sich das Ziel gesetzt, 2017 den Strom zu 100 % aus Erneuerbaren Energien zu erzeugen. Dieses Ziel wurde schon 2012 erreicht. Durch den weiteren Ausbau von Wind- und PV-Anlagen erreichte die VG bis 2020 sogar einen Deckungsgrad von 187% im Strombereich. Heute sind 23 Windenergieanlagen in Betrieb.

Ein zentraler Erfolgsfaktor dafür – neben der Ansiedlung des Projektentwicklungsunternehmens Juwi im Jahr 2008 – war die Gründung des Energie- und Servicebetriebs Wörrstadt (ESW) durch die Räte fast aller Ortgemeinden in 2012. Die ESW ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts (aöR), die Aufgaben im Energie- und Umweltbereich bündelt, darunter die Energieerzeugung, die Energienetze, die Straßenbeleuchtung, die Energiebeschaffung, Nahwärmeversorgung sowie das Ausgleichsflächenmanagement (u. a. für Windenergie) und E-Mobilität. Diese Geschäftsform bietet folgende Vorteile:

  • Bessere Konditionen für die Finanzierung als eine GmbH
  • Hohe Sicherheit für Finanzierer durch Gewährträgerhaftung durch VG und Ortsgemeinden
  • Die Selbstverpflichtung aller Beteiligten, sich für eine nachhaltige Energieversorgung in der Region einzusetzen.

Die ESW, die mit nur wenig Eigenkapital gegründet wurde, ermöglichte es, Netze zu rekommunalisieren, d. h. sie zunächst zu erwerben und später wieder zu verpachten. Da außerdem die Firmensitze von ESW und des EE-Anlagen-Betreibers Juwi in der VG liegen, bleiben Steuern und Gewinne aus den Erneuerbaren weitgehend vor Ort und stärken die regionale Wertschöpfung. Die Gewinne werden für öffentliche Zwecke reinvestiert, z. B. in die örtliche Ladeinfrastruktur oder in öffentliches WLAN, was den Bürger*innen zugute kommt und die Region zukunftsfähiger macht.

Im Dialog mit und zwischen den Ortsgemeinden entwickelte die VG eine Teilfortschreibung des Flächennutzungsplans für die Windenergie. Die Bürger*innen wurden darüber umfassend informiert und eingebunden. Durch Bürgerbeteiligung – und insbesondere auch durch die Maßnahmen der ESW – ist die Akzeptanz für den Ausbau der Windenergie in der Region allgemein sehr hoch.


Quellen:

  • Marcus Conrad / VG Wörrstadt: Wie wird man eine 100% EE-Kommune? Vortrag beim Region-N-Vernetzungstreffen, 09.03.2022
  • Windenergie und Kommunen: Leitfaden für die kommunale Praxis, Hrsg. Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Rheinland-Pfalz, Mainz 2013

 

Landkreis Lörrach – Vorreiter bei interkommunaler Wärmeplanung

 

Im Landkreis Lörrach wurden bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien inzwischen erhebliche Fortschritte erzielt, unter anderem durch Wasser-, Windkraftanlagen, Erdwärme- und PV-Anlagen. Die Wärmeversorgung jedoch basiert weiterhin überwiegend auf fossilen Energieträgern, wie Heizöl, Kohle und Erdgas.

Um die kommunale Wärmeversorgung bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu machen, startete der Landkreis 2021 eine interkommunale Wärmeplanung für seine 35 Städte und Gemeinden. Das vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderte Projekt hat das Ziel, eine umfassende Wärmeplanung für den Landkreis und jede einzelne Kommune zu entwickeln. Die Kommunen erhalten damit einen Plan, um Schritt für Schritt ihre Wärmeversorgung zu dekarbonisieren.

Eine große Herausforderung ist die umfassende Bestandsdatenerfassung der aktuellen und künftigen Wärmebedarfe. Die Daten liefern Kommunen, regional tätige Energieversorger, Schornsteinfeger, Stadtwerke und gewerbliche Unternehmen. Ein Energieberatungsunternehmen, das mit den Gegebenheiten der Region vertraut ist, erstellt die Wärmeplanung. Die verschiedenen Akteure arbeiten gut vernetzt und abgestimmt zusammen: Ein Steuerungskreis, ein Beirat, Facharbeitsgespräche und Kommunal-Workshops unterstützen den Austausch und schaffen Synergien.

Um die in der Region vorhandenen Potenziale für eine dekarbonisierte Versorgung, wie gewerbliche und industrielle Abwärme, Geothermie, Solarthermie oder Biomasse, zu identifizieren, zu erschließen und mit vorhandenen Wärmebedarfen an anderen Orten zu verbinden, war ein interkommunaler Ansatz erforderlich. Einzelne Städte und Gemeinden tun sich oft schwer, technisch komplexe und kostenintensive Projekte dieser Größenordnung zu planen und umzusetzen. Gemeinsam jedoch –  in regionaler Kooperation – lassen sich die Aufgaben und Kosten verteilen. Damit bestehen gute Chancen, dass die Potenziale für erneuerbare Wärme in der Region mittel- bis langfristig auch genutzt werden.

Quelle: Unternehmensunabhängige Interkommunale Wärmeplanung Landkreis Lörrach