Solaranlagen und Gründächer gezielt fördern – Zuschussprogramme der Stadt Marburg für mehr Klimaschutz und Klimaanpassung
Photovoltaik ist definitiv im Aufwind, erklärt Achim Siehl, der für die Universitätsstadt Marburg als Klimaschutzmanager tätig ist. Dieser bundesweite Trend spiegelt sich auch in Marburg wieder: Laut den veröffentlichten Zahlen auf der Wattbewerb-Plattform beträgt die aktuelle installierte PV-Bruttoleistung in Marburg 86,85 Mio. kWp, Anfang 2023 waren es noch 68,3 Mio. kWp.
Die Stadt Marburg bietet verschiedene Förderprogramme an, um diesen Zuwachs weiter anzukurbeln. Mit dem Zuschussprogramm „Klimafreundlich Wohnen“ können zum Beispiel Photovoltaik-Anlagen bezuschusst werden (mit bis zu 4.500 Euro), aber auch Fassaden PV-Anlagen (bis zu 50 Euro Zuschlag) oder Mieterstrom, d. h. Kosten für Messsysteme pro Messeinheit/Wohneinheit (200 Euro). Den Marburger*innen steht ebenfalls der Solarkataster des Landes Hessen zur Verfügung, mit dem sie sich eine Beispielrechnung erstellen lassen können für potenzielle Erträge und Investitionskosten einer PV-Anlage auf ihrem Hausdach.
Neu ist in der Universitätsstadt zudem der Sonderfördertopf für Balkonkraftwerke bzw. Mini-Photovoltaik, mit einem Fördervolumen von einmalig 150.000 Euro. Zuschussfähig sind Balkonkraftwerke, die mit einem Stecker an die Steckdose angeschlossen werden können. Der Ertrag fließt somit in den Stromkreislauf der eigenen Wohnung, wo er auch direkt verbraucht werden kann. Dieses Sonderförderprogramm wird laut Achim Siehl sehr gut angenommen: Es hätte sogar Initiativen aus der Zivilgesellschaft gegeben, die Sammelbestellungen von Balkonkraftwerken organisiert hätten. Die Bürgermeisterin der Universitätsstadt Marburg, Nadine Bernshausen, hebt den sozialen Aspekt des Sonderförderprogramms hervor. Im Vergleich zu anderen Förderprogrammen ist dieser Fördertopf auch für Nicht-Hausbesitzer*innen zugänglich und ermöglicht es, ein neues Gespür für den eigenen Stromverbrauch zu bekommen. Zudem sind die Fördersätze des Sonderförderprogramms sehr attraktiv: So können die Antragsteller*innen bis zu 50% der Anlagekosten erstattet bekommen, bei Stadtpassinhaber*innen sind es sogar 85%.
Mit ehrenamtlichen Solarberater*innen will die Stadt Bewohner*innen abholen, die bislang wenige Berührungspunkte mit dem Thema Photovoltaik hatten. Dieser Berater*innen wurden von der Stadt Marburg eingewiesen und stehen jetzt als Ansprechpartner*innen den Marburger Bürger*innen zur Verfügung. Zudem wurden in der Vergangenheit niedrigschwellige „Solarpicknicks“ mit inhaltlichem Input zu organisiert, die Familien und Frauen als Hauptzielgruppen hatten.
Wer Klimaschutzmaßnahmen, wie die Anschaffung einer PV-Anlage, einen Schritt weiterdenkt, ist schnell bei dem Thema Klimaanpassung. Für Photovoltaikanlagen könnte Klimaanpassung bedeuten, die Anlage mit einer Dachbegrünung zu verbinden (sog. „Solargründächer“). Das lohnt sich für PV-Anlagen-Besitzer*innen, weil durch eine Dachbegrünung die Temperaturen auf dem Dach verringert werden können, was den Wirkungsgrad von PV-Anlagen erhöht. Gründächer binden zudem nicht nur CO2 und Feinstaub, sondern halten auch Regenwasser zurück und tragen somit zum städtischen Hochwasserschutz bei.
Auch für Gründächer bietet die Stadt Marburg ein Zuschussförderprogramm an: Es können bis zu 5.000 Euro pro Grundstück und Person (maximal 50% der zuschussfähigen Kosten) beantragt werden. Zudem, analog zu dem Solardachkataster des Landes Hessen, gibt es das Marburger Gründachkataster, mit dem Hauseigentümer*innen einen ersten Überblick über die Gründacheignung ihres Gebäudes erhalten.
Bislang ist es in Marburg jedoch eher die Ausnahme, dass Gründächer und PV-Anlagen zusammen konzipiert werden, bedauert Siehl. Ein Grund hierfür sei, dass viele Gründächer auf Garagen realisiert werden, und auf diesen schlicht die Fläche fehle, um beides umzusetzen. Hier geht die Universitätsstadt Marburg selbst mit gutem Beispiel voran: Auf den eigenen Liegenschaften wird verstärkt die Kombination von Dachbegrünung und Photovoltaik umgesetzt.
Bürgermeisterin Bernshausen betont, dass Solargründächer in Marburg parallel über die Programme Klimafreundlich Wohnen und den Gründach-Zuschuss gefördert werden können. Zudem gäbe es aktuell konkrete Planungen, dass Photovoltaikanlagen die auf Gründächern errichtet werden im Zuschussprogramm Klimafreundlich Wohnen ein Zuschlag bekommen.
Einen solchen Weg geht beispielsweise die Stadt Frankfurt bereits mit dem Förderprogramm Klimabonus: Wer Klimaanpassung und Klimaschutz zusammendenkt, wird belohnt: Bei Solaranlagen können 20% der förderfähigen Kosten für einen Zuschuss eingereicht werden, bei Solar-Gründächern sogar 30%.
Tipps was Kommunen beim Aufbau eines Förderprogramms für (Solaranlagen oder Gründächer) beachten sollten:
- Prüfen, ob Eigenleistung (statt nur Leistungen von Handwerker*innen) gefördert werden kann: Beim Gründachzuschuss hat die Stadt Marburg mit Eigenleistung gute Erfahrungen gemacht.
- Angebote wie ein Solar- oder Gründachkataster können Zuschussprogramme sinnvoll ergänzen und vor allem genutzt werden, um eine breitere Öffentlichkeit erreichen. Sie können Förderprogramm aber eher nicht ersetzen.
- Förderprogramme breit aufstellen und auch vermeintlich kleinere Maßnahmen (wie Balkonkraftwerke) fördern, statt sich nur auf PV-Freiflächen zu konzentrieren. Auch wenn mit Freiflächen der Photovoltaik-Ausbau mit einer Anlage deutlich vorangetrieben werden kann, ist es wichtig, mit kleinere Maßnahmen Menschen abzuholen und direkt am Klimaschutz zu beteiligen.
Kontakt: Achim Siehl, Klimaschutz@marburg-stadt.de
Dieser Artikel wurde im Rahmen des europäischen Projekts IB-Green veröffentlicht.
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