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Interview | Mit Julia Neuhäuser, Klimaschutzmanagerin des Kreis Ludwigsburg

2015 hat der Kreis Ludwigsburg ein Klimaschutzkonzept beschlossen. Seit 2020 begleitet und koordiniert Julia Neuhäuser dessen Umsetzung. Dabei setzt sie auf eine starke regionale Energieagentur, und dass Klimaschutz als Querschnittsaufgabe in der Verwaltung etabliert wird.

 

Guten Tag Frau Neuhäuser. Durch den Ukrainekrieg und die stark gestiegenen Preise für fossile Energieträger herrscht derzeit eine große Nachfrage nach bezahlbarem Strom aus Erneuerbaren – von privaten Hausbesitzer*innen und Unternehmen. Wegen Fachkräfte- und Materialmangel kann jetzt aber diese Nachfrage nur schleppend bedient werden. Ist das bei Ihnen im Landkreis ein Thema? Und welche weiteren Energiewende- bzw. Klimaschutz-Themen beschäftigen Sie gerade?

Der Fachkräftemangel ist bei uns ein wichtiges aber derzeit noch mittelfristiges Thema, für das wir aktuell auf der Suche nach Lösungen sind, d. h. nach guten Beispielen aus anderen Regionen, wie man Akteure zusammenbringen kann oder welche Maßnahmen zur Abfederung möglich wären.

Unser aktuell wichtigstes Thema ist, den Klimaschutz in das gesamte Verwaltungshandeln zu integrieren. Mit dem Ziel, die Verwaltung möglichst schnell klimaneutral zu machen. Dazu führen wir z. B. eine Bilanzierung auf Landratsamtsebene ein oder entwickeln einen Klimacheck für Verwaltungsvorlagen.

Ein weiterer Schwerpunkt ist der PV-Ausbau in der Region. Dazu haben wir gemeinsam mit der Energieagentur Kreis Ludwigsburg (LEA) – die größte regionale Energieagentur in Baden-Württemberg – und 12 von 39 Kreis-Kommunen ein Netzwerk aufgebaut. Gemeinsam entwickeln wir Kampagnen und organisieren Veranstaltungen, damit mehr PV auf den eigenen Liegenschaften und auf den Privatgebäuden im Kreis installiert. Die LEA managt das Netzwerk und organisiert Klimawerkstätten zur Einstiegsberatung. Die weiterführende, spezifische Beratung übernehmen anschließend Energieberater, Handwerker bzw. Solarteure, wozu wir auch mit der Verbraucherzentrale und IHK zusammenarbeiten.
 

Wenn Sie an die Energiewende denken, was hat in letzter Zeit gut geklappt?

Ein positives Beispiel ist die gut funktionierende regionale Energieagentur in unserem Kreis. Seit 2019 leistet der Kreis einen wichtigen Beitrag zur Grundfinanzierung. Dadurch und durch das Engagement der Mitarbeitenden konnte die LEA ihr Angebot deutlich ausbauen. Sie ist thematisch jetzt breit aufgestellt, so dass Kommunen immer die richtigen Ansprechpartner*innen finden. Sie unterstützt auch bei der Vernetzung der Kommunen untereinander, bündelt Bedarfe, schafft Synergien und initiiert konkrete Projekte, z. B. sinnvolle „Konvois“ von Gemeinden für die Wärmeplanung zu bilden.
 

Welche Rolle spielt in Ihrer Arbeit die regionale Vernetzung und Kooperation?

Eine sehr wichtige Rolle, vor allem die Vernetzung mit den 39 Kreis-Kommunen, wovon die Hälfte inzwischen eine Ansprechpartner*in für Klimaschutz und z. B. auch Energiemanagement hat. Um die übrigen Kommunen ins Boot zu holen, veranstalten wir z. B. Runde Tische und Online-Seminare zur klimaneutralen Verwaltung. Außerdem haben wir einen Verteiler erstellt mit aktuellen Projekten in den Kommunen, um gute Beispiele weiter zu verbreiten.
 

 

Wer sind Ihre wichtigsten Kooperations- oder Bündnispartner*innen? Haben Sie ein Beispiel, wo Vernetzung entscheidend zum Erfolg einer Maßnahme beigetragen hat?

Neben der LEA und den kommunalen Klimaschutzmanager*innen sind das die Schulen. Im Rahmen des NKI-Förderprogramms „Energiesparmodelle“ haben wir in Kooperation mit der Stadt Ludwigsburg ein Projekt zum Thema Klimaschutz und Energiesparen aufgesetzt. Ziel ist es einerseits, die Energieeffizienz in Gebäuden – in Abstimmung mit den kreiseigenen Liegenschaften – zu verbessern. Angetrieben durch Schüler*innen und Lehrer*innen haben sich außerdem Energieteams in den Schulen gegründet. Diese haben verschiedene pädagogische Maßnahmen durchgeführt, z. B. einen digitalen Adventskalender mit Energiespartipps entwickelt oder Stromsparaufkleber designed. In diesem Zusammenhang hat auch eine Berufsschule Mülltrenntipps ausgearbeitet und gibt diese nun an eine Grundschule weiter.
 

Mit wem möchten Sie sich künftig noch stärker vernetzen, um Energiewende und Klimaschutz schneller voranzubringen?

Mit umsetzungsorientierten Akteuren, z. B. Planungs- und Ingenieurbüros, die einen Praxisblick auf Wärmeplanung und den Ausbau Erneuerbarer haben, und mit Vereinen und Bürgerinitiativen. Mit denen möchten wir in die Diskussion zu Klimazielen kommen und aufklären, wer auf Kreis- und Gemeindeebene für welche Aufgaben bzw. Themen zuständig ist und welche Handlungsspielräume die verschiedenen Ebenen haben – gerade bei den Bürgerinitiativen wird der Landkreis als Akteur noch nicht genügend wahrgenommen.

Mit Unternehmen und Wirtschaft möchten wir uns ebenfalls stärker vernetzen. Denn wir merken, dass der Ausbau der Erneuerbaren für sie ein wichtiger Standortvorteil ist, was dem Thema neuen Schwung in Richtung Verwaltung gibt. Inzwischen fordern Kunden von ihren Lieferanten, aber auch Verbraucher*innen von Unternehmen, dass sie nachhaltig wirtschaften. Grünstrom aus der Region hilft Unternehmen, die eigene CO2-Bilanz und Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, und stellt sicher, dass die Region für Unternehmen und Arbeitskräfte weiterhin attraktiv bleibt.
 

Wir danken Julia Neuhäuser für das Interview.


Weitere Infos zum Klimaschutz im Landkreis Ludwigsburg

Kontakt: Julia Neuhäuser, Klimaschutzmanagerin des Kreis Ludwigsburg